Freitag, April 26, 2024
Barfuss-zum-Mond

Sumatra, Indonesien: Orang Utans in Bukit Lawang & der Lake Toba

IMG_0118 Der Ruf des Muezzins geht mir durch Mark und Bein. Ein Blick zur Uhr, es ist gerade mal halb fünf. Vielleicht liegt es an mir, aber der Gesang verursacht mir eine Gänsehaut. Keine wohlige, sondern eine von der Sorte, die durch einen Schrecken oder durch pure Angst verursacht wird. Ich halte mir die Ohren zu, aber das Gefühl lässt nicht nach. Nicht einmal zwölf Stunden ist es her, dass wir in Medan, Indonesiens drittgrößter Stadt, gelandet sind. Der Kulturschock sitzt tief, alles ist anders, ganz anders, als die Orte Südostasiens, die wir bereits zuvor besucht hatten. Das Hotel gleich neben der riesigen weißen Moschee hat nur mäßig saubere Zimmer und unser Fenster liegt offensichtlich nur wenige Meter von einem der Lautsprecher entfernt, die rund um die Moschee installiert sind. Ich zwinge mich zur Ruhe, Gott sei Dank, nur langsam beruhigen sich Atmung und Puls. Allerdings ist an Schlafen nun nicht mehr zu denken. Bei einer frühen Tasse Kaffee besprechen ich und meine Mitreisenden das nächtliche Erlebnis, das erfahrenen Indonesienreisenden sicher nicht einmal mehr als eine Randnotiz wert sein würde. Es herrscht Einigkeit darüber, dass Schlafmangel und Jetlag sicher nicht zu unterschätzende Faktoren waren, um eine Beklemmung so wie erlebt hervorzurufen. Aber es ist genau das, nach dem der unabhängige Asienreisende giert. Orte, fernab westlicher Kultur aber ohne die ausgetretenen Touristenpfade, die es in schon seit längerem in Thailand zu vermeiden gilt.


Lake Toba

IMG_0200Nur 80 km südlich von Medan liegt der Lake Toba. Entstanden ist der See nach einem verheerenden Vulkanausbruch vor etwa 73.000 Jahren. Wissenschaftler sprechen von einer der größten Naturkatastrophen der letzten 2 Millionen Jahre. Der Tobasee ist mit seinen 1780 km² dreimal so groß wie der Bodensee und der größte Kratersee der Welt.

Es ist schon dunkel als die Fähre in einem kleinen Hafen anlegt. Müde, hungrig, aber auch aufgeregt machen wir uns mit einer Handvoll Gleichgesinnter per pedes auf den Weg nach  Tuk Tuk, einem kleinen Dorf auf der Halbinsel Samosir. Ein Imbiss IMG_0192in einem Straßenrestaurant belebt Körper und Geist, nach 1,5 Stunden Fußmarsch erreichen wir schließlich den Ort. Wir haben großes Glück, im Liberta Homestay sind tatsächlich noch zwei Zimmer frei. Dem Charme des Ortes erliege ich am nächsten Morgen. Geweckt von exotischem Vogelgezwitscher und affenartigen Tierlauten schnappe ich mir meine Kamera und laufe hinunter zum See. Eingerahmt inmitten von malerischen Bergketten liegt die spiegelglatte Wasseroberfläche vor mir. In der Ferne ein Fischer in seinem Einbaum, um mich herum blüht und grünt es.

IMG_0194Gleich neben dem Hotel befindet sich ein traditionelles Batakhaus. Das Volk der Batak besteht aus sechs Volksgruppen. Die größte und christliche Gruppe der Batak ist die Toba und lebt hauptsächlich im südlichen Bereich des Sees und auf Samosir, wo sich auch deren Ursprung befindet. Die unverkennbaren architektonischen Merkmale der Batakhäuser sind das geschwungene Satteldach und die Holz-Skelettbauweise. Es ist die weitestgehend unberührte Schönheit der Natur, die uns immer wieder den Atem raubt. Unberührt, wild und noch immer nicht der zerstörerischen Kraft des Massentourismus ausgesetzt.

Und wie so oft sind es auch die Menschen, die unser Herz berühren. Fischer, deren mühseliges Tagwerk ihr Überleben sichert, fleißige Reisbauern, Menschen auf dem Dach eines Busses, Marktfrauen, welche die sowohl appetithemmenden als auch berauschenden Betelnüsse kauen. „Authentisch“ ist alles, was mir dazu einfällt.
Wir vertreiben uns die Zeit bei großartigem Local Food, auf den Wanderwegen durch die Reisfelder und auf den bunten Obst- und Gemüsemärkten. Fernab großer Sehenswürdigkeiten ist das einfache Leben und die Verbundenheit mit den Menschen dieses einzigartigen Fleckens auf der Reiselandkarte der Grund für unser Kommen (und Bleiben).


Pulau Weh / Banda Aceh

Die Stadt Banda Aceh ist das Tor zur Insel Pulau Weh, aber sie ist weit mehr als nur ein Zwischenstopp.

IMG_0656Traurige Geschichte schrieb die Haupstadt der Provinz Banda Aceh durch die Tsunamikatastrophe am zweiten Weihnachtstag des Jahres 2004. Große Teile der Stadt wurden durch die Kraft der meterhohen Fluten zerstört. Insgesamt wird die Zahl der Opfer in der Provinz mit 165.000 angegeben. Diejenigen, die überlebten, sind dankbar und offenherzig. Immer wieder werden wir angesprochen woher wir kommen und was uns hier gefällt. Sie bedanken sich noch immer für die Hilfe in der Zeit nach der Katastrophe. Besonders der Einsatz des THW wird immer wieder lobend erwähnt. Die Menschen kennen die Namen der Firmen, die Hilfsgüter schickten und sind extrem interessiert an den wenigen Fremden in der Stadt.  Als Frau sollte man, aus Respekt vor den religiösen Gefühlen der Einheimischen, jedoch immer eine lange Hose und Shirt tragen. Auch bei 40 Grad. Sie sind so nett, man will sie einfach nicht verärgern. Also halt ich mich daran.

IMG_0652Die Mesjid-Raya-Baiturrahman-Moschee ist die größte und bekannteste Moschee im südostasiatischem Raum. Sie war Zuflucht und Schutzraum während der großen Flutkatastrophe 2004.

IMG_0407Am folgenden Morgen bringt uns ein Taxifahrer zur Ablegestelle der Fähre nach Pulau Weh. Er lässt es sich nicht nehmen uns Ausländern viel von seiner Heimat zu erzählen. Als ehemaliger Lehrer weiss er viel zu berichten und erklärt die Taxifahrt zum Hafen kurzerhand und für ein kleines Trinkgeld zur Stadtrundfahrt. Vorbei an Mahnmalen und hin zu dem kapitalen Frachter, den der Tsunami kilometerweit in die Stadt hinein gespült hatte. Wenn es noch an einem Beweis für die Allgewalt der Natur gemangelt hatte, so hatte uns der nette Taxifahrer diesen nun geliefert. Wir verharren regungslos und voller Ehrfurcht bei diesem Anblick. Am Ende bringt uns der nette Fahrer sicher und pünktlich zum Hafen.


Bukit Lawang

IMG_0680Mit einem Grinsen der Marke „extra breit“ empfängt uns Daddy Cool, der Boss des Yunia Resorts im Dschungel von Bukit Lawang. Immer gut gelaunt, immer einen frechen Spruch auf Lager. Uns wird schnell klar, bei ihm ist der Name Programm. Müde von der Busfahrt zusammengepfercht mit lebendem Geflügel und einem kiffendem Busfahrer machen wir uns breit in einer der stilvoll eingerichteten und sauberen Hütten.

IMG_0689Vor unserer Bleibe tobt der reißende Bohorok River …. dessen Urgewalt am späten Abend des 2. November 2003 den Menschen in Bukit Lawang zum Verhängnis wurde. Eine 12 Meter hohe Flutwelle riß große Teile des Dorfes mit sich und forderte über 200 Todesopfer. Die Katastrophe war das traurige Ergebnis jahrelanger illegaler Waldrodungen im Gunung Leuser National Park. Man findet hier nur wenig Touristen, und wenn dann sind es hauptsächlich Backpackernomaden, die auch die abgelegensten Orte der Welt erkunden wollen. Abends gegen 22 Uhr im Resort von Daddy Cool begegnen uns zwei Berliner Traveller. Er ist Feuerwehrmann, sie Notärztin in der Charitee. Und trägt ein 1 jähriges Kind auf dem Rücken. 6 Monate sind sie schon unterwegs, erzählen sie uns. Wohlgemerkt mit einem Kleinkind. Hammer. Finde ich toll. Die Abende mit den Jungs vom Resort sind geprägt von Gelächter und Kurzweil. Wir spielen Schach, erzählen uns Stories oder sitzen abends mit der Gitarre bei einem Schluck Wein am Fluß und performen Travellersongs.

Hier ein paar Eindrücke in Bildern aus Bukit Lawang.

 

IMG_0773Bukit Lawang, weit weg von tosendem Lärm einer Stadt. Das Gebrüll der einzigartigen Orang Utans ließ uns vor Aufregung erstarren. Im Dschungel von Sumatra, im noch einzigen Territorium neben Borneo, wo Orang Utans noch in freier Wildbahn zu finden sind. Wahnsinn!!! Wir erleben Sie hier hautnah, wenige Meter von uns entfernt, die letzten Wesen Ihrer Art, die es unbedingt zu schützen gilt. Eine Mutter mit Ihrem Baby hangelt sich hinunter zu uns. Neugierig und leicht nervös, so wie es Muttertiere sind, kommt es näher. Wir wichen ebenfalls zurück, denn es sind wilde Tiere und können uns schwer verletzten, denn wir dringen in Ihre letzte Welt ein. Ich habe einem wilden Tier noch nie so nah in die Augen gesehen. Es ist einzigartig.

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